Von der Wirtschaft dringend gesucht: Mehr Erneuerbare Energien

Während in Politik und Öffentlichkeit noch immer so einige meinen, sie täten mit mehr Erneuerbaren nur Greta einen Gefallen, werden die Rufe der Wirtschaft nach einem wesentlich schnelleren Ausbau der regenerativen Energien immer lauter. Wer sind die Akteure und was steht dahinter?

RE100 – globale Großunternehmen wollen 100 % Erneuerbare Die RE100-Initiative hatte ich im letzten Blog bereits erwähnt und wurde gebeten, nochmals darauf einzugehen. Diese Initiative wurde von Unternehmen gegründet die zu den größten der Welt zählen. Eine Zugangsvoraussetzung lautet „Fortune 1000 gelistet oder vergleichbar“ – übersetzt also dem Ranking der 1.000 größten US-Unternehmen vergleichbar: mindestens 100 GWh/a Strombedarf und national/global bekannte Marke. Keine Wunder also, dass diese Logosammlung hier viele Bekannte enthält.

re 100 logowand okt 2019

Die Welle sehr großer Unternehmen, die sich der RE100 anschließen, wird schnell größer; es sind jetzt 207 – und jeden Tag kommen auf der Website neue hinzu. Die Ziele sind unterschiedlich, in Bezug auf Weg und Zeitraum bis zur Erreichung der 100 %. Das ist aber auch logisch, denn einfach mit dem Finger schnippen, und man ist bei 100 % Erneuerbaren, ist schwierig.

Welch eindrucksvolles Statement der globalen Wirtschaftsunternehmen, das sich auch im Markt für nicht-geförderte Erneuerbare Energien in der EU bereits jetzt deutlich niederschlägt. Und hier in einer Kooperation mit den EU-Solar- und -Windverbänden starken Ausdruck findet.

EU: Massiver Anstieg der Nachfrage von Unternehmen Anfang Oktober fand in Amsterdam die diesjährige Konferenz RE-Source 2019 mit mehr als 1.000 Teilnehmern statt. Gegenstand der Konferenz sind EU-weit PPAs (Power Purchase Agreements oder eben Kaufverträge für Grünstrom) – und hier vornehmlich die zwischen Unternehmen und Erzeugern. Resource-Event

Die – wie schon 2018 – sehr große Zahl von Teilnehmern signalisiert das große Interesse an diesem Schritt – Erneuerbare direkt und ohne staatliche Förderung zu verkaufen. Und in der Tat ist der Markt für Corporate PPA in der EU deutlich gewachsen – auf knapp 8 GW Kapazität, davon aber nur ca. 60 MW in Deutschland.

Corporate ppa eu 2019

Die RE-Source Plattform, getragen von den EU- Spitzenverbänden für Solar- und Windenergie, bietet zum Thema Corporate PPA weitere Studien und Unterlagen an: Resource-Plattform

Ein sehr mächtiger Akteur der deutschen Industrie Ein in Deutschland sehr mächtiger Akteur, der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) wird zwar nur langsam lauter. Indes ist aus den Mitgliedsunternehmen, allen voran VW, immer deutlicher zu hören, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie der zugehörigen Infrastruktur für die Elektromobilität sehr viel schneller und mutiger werden muss. Kein Wunder, investieren doch VW und Co. gerade Milliarden in die Elektromobilität. Elektrische Antriebe werden die ineffizienten und im Vergleich wenig dynamischen Verbrenner verdrängen – ob nun auf der Batterie- oder Wasserstoffstrecke. So kündigte Daimler kürzlich an, neben der Batterie für PKW auf Wasserstoff für die LKW zu setzen. Artikel in der Süddeutschen Zeitung

Ob Wasserstoff oder Batterie – dafür wird massiv grüner Strom gebraucht, und so erhöhen die Mobilitätsanbieter schnell den Druck; auch die Deutsche Bahn beginnt in Schritten massiv mehr Ökostrom zu kaufen und öffnet wohl auch ihr eigenes Stromnetz für die direkte Einspeisung.

Austausch der Prozessenergie und die Wasserstoffwirtschaft Bei den zuweilen religiöse Züge annehmenden Diskussionen „Batterie vs. Wasserstoff“ gerade in Fahrzeugen oder auch für stationäre Speicherungen wird gerne vergessen, dass Wasserstoff bereits heute in der chemischen Industrie omnipräsent ist. Der Aufbau einer gewaltigen grünen Wasserstoffindustrie ist also ohnehin unerlässlich; Mengen und Know How werden aus dieser Technik massivst gespeist werden, und somit dürfte jedem klar sein, dass auch bei den Fahrzeugen noch keine Messe gesungen ist. Global ist das grüne H2-Rennen zwar eröffnet, aber völlig offen – und Deutschland kann hier diesmal viel tun, um vorne zu bleiben.

Ohne Wasserstoff z.B. keine Düngemittel – und so schätzt man, dass die Produktion von Wasserstoff aus Erdgas derzeit für ca. 3% der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich ist: Bereits jetzt ein breites Feld für einen sinnvollen Austausch von „blauem“ durch „grünen“ Wasserstoff durch die schnelle Weiterentwicklung von Verfahren auf der Basis von Erneuerbarem Strom.

Auch der Umstieg in der Stahlproduktion von der Verwendung von Kokskohle zu Wasserstoff bietet eine wichtige Perspektive für eine Dekarbonisierung. In Pilotprojekten verschiedener Stahlproduzenten wird die Technik derzeit entwickelt: Salcos Projekt von Salzgitter. Den umgekehrten Weg geht thyssenkrupp mit seinen Partnern bei carbon2chem.

Wird die bisherige Rohstahl-Kokskohle auf die Wasserstoffstrecke umgestellt, so schätzt man allein in Deutschland den Bedarf an Erneuerbaren Energien hierfür auf 120 TWh/a. Also etwa 2,5mal die Leistung der heutigen PV-Installationen. Oder anders formuliert: Für die Stahlproduktion brauchen wir 120 GWp PV – das kriegen wir hier in Deutschland hin, wenn man uns lässt, zu sehr guten Preisen.

Es gibt viel zu tun, denn viele andere Prozessenergien müssen in Schritten dekarbonisiert werden – ein Überblick: IREES Prozessemissionen

Sehen wir uns? Wie kriegt die Wirtschaft, was sie braucht und will, welche neuen Techniken und Rahmenbedingungen kommen werden – das diskutieren wir am 21. Und 22. November 2019 im Rahmen unseres Forums Neue Energiewelt mit 700 Teilnehmern aus der innovativen Energiewirtschaft: Forum Neue Energiewelt 2019

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