Weihnachten durcharbeiten- Unsicherheit für Solardächer bis 12.12.2018

EEG- Fallbeilnovelle #2 – die Unsicherheit, ob es eine Fristverlängerung oder gar Änderungen an der drastischen EEG-Absenkung von ca. 20% für Solardächer von 40-750 kWp geben wird, bleibt möglicherweise bis 12.12.2018 bestehen. Dann erst steht die letztmögliche Sitzung des Bundestags-Wirtschaftsausschusses im Kalender, um das Energiesammelgesetz noch bis zum 1.1.2019 (wie bisher geplant) wirksam werden zu lassen.

Das heißt umgekehrt nichts anderes als „Bauen, bauen, bauen“ bis zum 31.12.2018 im beschriebenen Segment, für diejenigen, die nicht ein wirtschaftliches Desaster bei eng kalkulierten Dachprojekten riskieren wollen. Also: Schon mal den Kindern sagen, dass die Eltern an Weihnachten auf dem Dach sind und an Sylvester erst nach Einbruch der Dunkelheit heimkommen.

Wer bislang dachte, dass sich die völlig übereilte und verheerende Politik der „EEG- Fallbeilnovelle“ aus dem Februar 2012 nicht wiederholen werde, und man der PV- Branche eine so abrupte Veränderung nicht noch einmal antun würde, der sah sich mit Vorlage des Referentenentwurfs vergangenen Woche getäuscht. Wenn auch diesmal der Gesamtkontext anders ist und gleichzeitig die Ausschreibungsmengen für Anlagen >750 kWp deutlich erhöht werden, so ist für das derzeitige Rückgrat des solaren Wiederbeginns diese abrupte Änderung möglicherweise brutaler als 2012. Denn wenn es bei der Frist von 2 Monaten „Vorwarnung“ bleibt, ist diese weniger als halb so lang wie 2012.

Und das ist einfach, mit Verlaub, eine Sauerei, egal woher dieser Veränderungsdruck kam. Denn über das Gesetz wird seit Monaten geredet – und wen ich auch gefragt habe im „Branchen-Berlin“- niemand hat das so kommen gesehen. Es gab Signale, dass die EU mit dem Fall der Zölle und dem Preisverfall bei Solarmodulen Veränderungen an den nicht wettbewerblich festgesetzten Vergütungen verlangen würde. Aber das war es auch – und so stand die Absenkung dann mal einfach im Entwurf. Peng! Jetzt kann man sicher selbstkritisch fragen warum, wir als EE- Branche dafür keine besseren Drähte mehr haben – und das mache ich bekanntermaßen ja immer. Mein Mantra „Zusammenschließen der Innovativen Energiewirtschaft“ wird dadurch genau so bestätigt wie auch meine Auffassung, dass wir schnellstens die Zeit nach der parlamentarisch festgelegten Vergütung auch bis 750 kWp gestalten sollten. Alles klar: Hier gibt es viele viel zu lange nicht gemachte Hausaufgaben auf unserer Seite.

Und dennoch fühle ich mich von der Berliner Politik ziemlich verarscht. Denn wem würde man durch eine Zweimonatsfrist mitten im Geschäftsaufbau nach Jahren der Depression in der Branche mit einem so kurzen Vorlauf gesetzlich den Hahn abdrehen? Der Windenergie? Der Kohlebranche? Wohl nicht, aber bei der Photovoltaik geht das ohne jede Vorwarnung. PV ist halt eine schnelle Branche und dann mal zack. Sagt man halt nichts dazu, nichts vorher und auch in der ersten Lesung im Bundestag nicht. Kann man mit denen ja machen – oder ist es weiterhin der Angstreflex aus dem Winter 2011/2012? Angst vor dem schnellen Marktwachstum der PV? Angst vor mehr PV im Netz? Ok, das hören wir hier in Berlin ja zuweilen aus bestimmten Kreisen. Komisch, denn kein namhafter Netzbetreiber der Verbundnetze sieht aktuell Probleme mit wesentlich mehr PV pro Jahr. Und an jede bestehende Windenergieanlage kann man mit einer Steuerung die gleiche Menge PV anschließen ohne einen Cent für den Netzausbau zu brauchen. Aber all das kommt nicht an, ist nicht gut genug aufbereitet oder wird schlicht negiert. Und dann kommt so etwas.

Im Referentenentwurf wird dann eine Studie des ZSW zitiert, wonach schon seit Beginn 2018 die Solardächer „überfördert“ gewesen seien (siehe: erneuerbare-energien.de/ bericht-eeg-solar). Aber wo steht da etwas von Überförderung? Und wo ist die erneute Preiserhebung vom Oktober 2018, die in der Gesetzesbegründung steht? Was ist darin erhoben worden? Ok, erhebt man nur die Modulpreise, dann ist seit Anfang 2018 eine erhebliche Kostensenkung erzielt worden. Stimmt soweit, und würde die Vergütung auch für Dächer bis 750 kWp per Ausschreibung, dann wüsste man bei aktuellen Runden, welchen Effekt das inklusive aller anderen Kalkulationsbestandteile hat (könnte man ja relativ leicht machen…: Eigene Dachausschreibungen und fertig).

Da die Vergütung (noch) festgelegt wird, sieht man, dass sie offenbar etwas an den steigenden Zubauzahlen im Segment verbessert hat. Es scheint sich also wieder zu lohnen, und dann geht der Markt halt nach Jahren des Niedergangs wieder hoch. Ist ja auch so gewollt und führt auch zu einer raschen Wirkung des „atmenden Deckels“ für Solarstrom im EEG. Aber diesmal sagt man: STOP! Module sind mehr als 20% billiger, also muss auch das EEG sofort 20% abgesenkt werden, da sonst überfördert.

Aber das findet man dann weder in der ZSW-Studie noch an anderen Stellen: Die Module machen bei vielen der Anlagen im Segment gerade noch 25-35% der Gesamtkosten inklusive oft durchzuführender Dachsanierung oder wirtschaftlich lukrativer Front-Up Pachten für Dachverpächter aus. Da kann man sagen: Wir wollen ja keine Dächer mit dem EEG sanieren oder Traumpachten zahlen. Das wäre auch ok, nur: dann gibt es in dem Segment fast keinen Markt, wie wir in den vergangenen Jahren gesehen haben. Denn wer hat schon Lust, jemanden für ein paar Euro pro Jahr auf sein Dach zu lassen, vor allem wenn er sein Dach für sein Gewerbe braucht und Störungen des eigenen Betriebs die Hölle bedeuten. Oder warum sollte ein landwirtschaftlicher Betrieb seine Dächer vorzeitig sanieren um da „Solarfuzzis“ drauf zu lassen? Vor allem, wenn es ohne Sanierung statisch gar nicht geht, ich meine damit: gar nicht. Zahlt man die Sanierung, sieht es anders aus.

Und an dieser Stelle sind wir einen Punkt, der über eine Ausschreibung des Dachsektors ebenfalls klarer würde: Die Summe der Kosten für PV-Dach-Strom wird viel stärker als im Freilandbereich auch durch die Gebäude selbst und den Risikoausgleich für Verpächter dominiert. Und so setzen sich die Kosten anders zusammen, wegen der oft relativen kleinen Größen plus prozentual größerer Werte für Netzanschluss, statischer Ertüchtigung oder auch schlicht Einrüstungen der Gebäude. Wer das alles in seinen Studien weglässt, oder nur die Modulpreissenkungen einbezieht, wird am Ende viele Dächer über Nacht wieder unattraktiv werden lassen.

Man könnte es auch als Lebenslüge von Teilen der Solar-Politik bezeichnen: Dächer sind zwar wirklich massenhaft vorhanden, ihre Erschließung ist aber teuer und wegen der vielen kleinen Anlagen wesentlich komplexer als Großkraftwerke im Freiland. Die Dächer sind dennoch da und müssen erschlossen werden, nur müssen die notwendigen Anreize in der Gesamtkalkulation berücksichtigt werden. Billige Module sind da für die Umsetzung von Projekten zwar wichtig, aber nicht hinreichend. Klar ist dabei: Nicht alle – und so wird der Markt auch nicht auf Null fallen. Aber es wäre mindestens fair, eine längere Übergangsfrist für bereits begonnen, angezahlte Projekte etc., etwa bis Mitte 2019, zu haben. Und in Zukunft doch bitte mit der Branche zu sprechen wenn solche krassen Veränderungen heraufziehen. Das sollte doch machbar sein für die vielbeschworen Zukunftstechnik Solarenergie, die heute schon billiger ist, als wir es je hoffen konnten. Und ja – ich will mit dem Mantra enden: Auch wir und unsere Strukturen müssen uns für neue Dialog- und Anschlussfähigkeit endlich verändern. Aber wenn sogar der alte neoliberale „Grünenfresser“ Friedrich Merz sagt, er habe seine Meinung über die Grünen völlig verändert, können wir nicht am Zaun stehen und schreien „früher war alles besser“. Aber die andere Seite darf auch nicht so tun, als wären wir noch bei Vergütungssätzen des Jahres 2011, denn Dialog ist immer in zwei Richtungen notwendig. Und die Berliner Politik muss endlich anfangen, das Projekt Energiewende als Gesamtprojekt zu sehen. Das ist noch immer unterirdisch schlecht gemanagt und kann im Parlament oft von wenigen Personen ausgebremst werden.

Darüber und viele weitere Themen reden wir in verschiedenen Sessions im Rahmen des Forums Neue Energiewelt am 22./23.11.2018 mit der Politik und den verschiedenen Akteuren der Innovativen Energiewirtschaft. Melden Sie sich schnell noch an: https://www.forum-neue-energiewelt.de/

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