Bizarr: Solarworld Deutschland sieht sich als Opfer von US-Importzöllen
Am 22.01.2018 hat die US-Regierung die Einführung von 30% Strafzöllen auf alle Importe von Solarmodulen angekündigt. Diese dürften ab 06.02.2018 gültig werden, das Verfahren betrifft auch alle Module und Zellen „Made in Germany“.
Und so sieht sich Solarworldsprecher und EU ProSun-Präsident Milan Nitschke als Opfer des von ihm seit 2012 angezettelten Zollhandelskriegs. Das pv magazine zitiert ihn wie folgt:
„Da wir beim chinesischen Dumping Leidensgenossen mit unseren US-Kollegen sind, plädieren wir für eine Differenzierung zwischen Importen von Unternehmen, die dumpen und jenen, die es nicht tun“, so Nitzschke weiter. Für europäische Hersteller könnten daher für US-Importe bilateral Quoten und Minimumimportpreise in einer Vereinbarung festgelegt werden. „Ein solches Abkommen würde vermeiden, dass Opfer von Dumping nun auch noch Opfer von Anti-Dumping-Maßnahmen werden.“
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen und Nitschke wäre nicht Nitschke, wenn er nicht gleich seinen desperaten Kumpels von EU ProSun im Gro des Messer in den Rücken stoßen würde, wie er ebenfalls im pv magazine weiter fordert:
„EU ProSun, das bei der EU-Kommission die derzeit geltenden Mindestimportpreise für Solarzellen und Solarmodule aus China durchgesetzt hat, fordert nach der Trump-Entscheidung ein bilaterales Abkommen für die europäischen Photovoltaik-Hersteller. Dabei sollte es um „echte EU-Produkte gehen, die zu fairen und kostendeckenden Preisen auf dem US-Markt verkauft werden.“ Link
„Echte EU-Produkte“ – das waren bisher immer Module, bei denen auch die Zellen und das Glas aus der EU kommen. Und da es keine wirtschaftlich produzierten Polyzellen mehr in der EU gibt, gäbe es dann auch keine Polymodule aus der EU. Und Monozellen gibt es nur bei Solarworld für Solarworld. Echt klasse, der Mann. Obwohl in einer gerade pleite gegangenen, schlecht geführten Firma tätig, gleich mal wieder allen anderen Herstellern in der EU ein Bein stellen. Es ist ohnehin wurscht, denn EU ProSun-Sprecher Nitschke arbeitet auch als Sprecher der schlimmsten Erneuerbaren Feinde: des AEGIS-Netzwerks (siehe unten).
Der Rest des Marktes und die vielen zehntausende von guten Arbeitslätzen sind ihm eh wurscht, was wir beim Rückblick auf 2017 und vorher sehr gut sehen können.
2017 geht mit einem neuen Rekord bei den globalen Neuinstallationen von Photovoltaikanlagen zu Ende. Es werden wohl mind. 100 GWp sein, davon etwa 53 GWp allein in China und, wenn es gut läuft, vielleicht 2 GWp in Deutschland – vielleicht auch nicht. Denn bis Ende November sind wir bei den BNetzA-Zahlen bei rund 1.580 MWp, und da es weder monatliche Absenkungen noch ein politisches Ende für die eine oder andere EEG-Kategorie zum 31.12.2017 gibt, ist es eher unwahrscheinlich, dass noch 420 MWp im Dezember 2017 realisiert wurden. Das wäre dann auch in Deutschland mehr als 2016, aber angesichts höherer Erwartungen (ich selbst habe noch im Sommer mit deutlich mehr als 2,5 GWp für 2017 gerechnet), enttäuschend. Der ohnehin zum Erreichen der Energiewende wesentlich zu kleine politische Zubauwille von 2,5 GWP/a wird erneut verfehlt. Für viele Unternehmen, die in Deutschland aktiv sind, erneut eine Enttäuschung. Die Modulpreise in der EU waren einfach zu hoch, um mehr Anlagenbau auszulösen, zudem wurden große Produktionsmengen, die für die EU legal verfügbar sind, in die USA umgeleitet, denn dort droht mit neuen Strafzöllen 2018 ein deutlich verkleinerter Markt.
Weltweit kontrastiert immer stärker der Durchbruch billigen Solarstroms in über 80% der freien Weltmärkte mit einem Dahindümpeln in den von Zöllen abgeschotteten Märkten.
Einmal mehr haben die von der trotz allem pleite gegangenen Firma Solarworld ab 2012 in der EU und USA angezettelten Zölle den Markt in der EU nach unten gedrückt und das Entstehen neuer Arbeitsplätze im Solarbereich ausgebremst. Denn in Erwartung einer neuen Zollwelle in den USA, haben die dortigen Installateure in großen Mengen Module eingelagert – was dann zu höheren Preisen und Mengenverknappung in der EU führte. Die ab 2018 in den USA eingeführten Zölle werden auch auf Module aus Deutschland und der EU erhoben. Bizarrer kann man den Zollblödsinn kaum darstellen: Solarworld USA dumpt in der Denke dann also nicht, aber die kleine Solarworld Nachfolgegesellschaft in Deutschland schon. Ich will das nochmal wiederholen: „Solarworld Deutschland dumpt“- wird Trump dann wohl sagen. Aber vielleicht sagt er ja auch irgendwas anderes…
Es verschlägt einem immer wieder die Worte, wie dämlich das „China ist böse“-Spiel ist, welches Frank Asbeck und seine Mitstreiter nun seit 2012 spielen. Ich will es noch deutlicher sagen: Solarworld‘s Konzernsprecher und EU ProSun-Präsident Milan Nitzschke spricht ja auch für AEGIS Link Und das ist wiederum eine von Stahl- und Metallindustrie dominierte Gruppe, die selbst Subventionen frisst und gefressen hat wie kaum eine andere, aber massiv gegen China lobbyiert. Zuletzt mit der verlogenen Forderung nach Umwelt- und Sozialstandards: Schauen Sie doch mal genau hin, was AEGIS-Verbände zum EEG oder einem fairen CO2-Preis sagen. Abgekürzt: sie tun alles, um das EEG zu vernichten und faire CO2-Preise zu verhindern. Tolle Partner für Solarworld & Co – aber angesichts der sonst in keiner Weise wettbewerbsfähigen Unternehmung offenkundig die einzige Chance. Und für EU ProSun wohl die notwendige Co-Finanzierung für Spitzenlobbyisten wie Milan Nitzschke. Ob der sich noch daran erinnert, dass er einst über den BEE in die Branche kam? Wohl kaum, wenn er für Stahl & Co lobbyiert und EEG & faire CO2–Preise damit auch indirekt aktiv beschädigt.
Und damit zehntausende andere Arbeitsplätze in der EU vernichtet haben bevor es am Ende auch Solarworld zerrissen hat. Und auch die Nachfolgegesellschaft von Solarworld hat keine Chance: Sie ist zu klein und hat keinerlei technischen Vorsprung mehr. Auch wenn Milan Nitzschke und andere weiterhin die Märchen von technologischer Führerschaft erzählen, frei nach dem Motto: „Wenn sie nicht gestorben sind, dann lügen sie noch heute“. Zeit, den Zöllen und dem Ansehen der Branche seit vielen Jahre nur noch schadenden Firmen ‚good bye‘ zu sagen, um endlich wieder mehr Markt in der EU zu sehen.
Global spielen die durch vollkommen nutzlose Zölle abgeschotteten Märkte allerdings eine immer kleinere Rolle: Für 2018 werden von den Analysten von Roth Capital für die EU und USA zusammen noch ca. 18 GWp an neuen Installationen gesehen, während global von 106 GWp ausgegangen wird. Die wenigen Großmäuler in der EU und den USA, die sich über ihre Zölle freuen, schaden damit nur dem wesentlich größeren Rest der Wertschöpfungsketten in den USA und der EU. Global haben sei dennoch keinerlei Chance mehr mitzuhalten, denn auch technologisch ist China dabei zu enteilen: Die meisten neuen Patente im Solarsegment wurden nun auch in China geschrieben. Ebenso kommen alle neuen Techniken in China in Großserie – 2017 dürfte auch in diesem Bereich ein Rekordjahr sein und hat alte Gewissheiten beseitigt: So sind Ende 2017 Monokristalline Zellen pro Watt billiger zu haben als Polykristalline. Das Ausbautempo der Mono/ Mono- PERC Produktionskapazitäten ist gewaltig und so muss sich das (noch) Arbeitspferd Poly mit allen Mitteln strecken, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Auch dies heizt die Anwendungen von Produktionsinnovationen weiter an: Halbzellen, Poly- PERC mit „Black Silicon“- Zelltechnik sind hier weitere Stichworte, an deren Ende immer höhere Effizienz und schnell weiter fallende Kosten der Module stehen. Keine der genannten Techniken wird in der EU oder USA in nennenswerter Größenordnung vorangetrieben, es findet alles in Asien statt.
Ob sich das auf Seiten der Produktion noch einmal ändern lässt? Die EU ist in der Produktion mit Wacker weiterhin sehr stark im Silizium und mit Heraeus mit Spezialprodukten aufgestellt – aber beide Firmen müssen Gegenzölle ertragen. Ob 2018 die EU endlich erkennt, dass topaufgestellte Industriefirmen in der EU plus der ganze Rest der Wertschöpfungskette wichtiger sind als die extrem schlecht gemanagten Solarworld-Reste? Lässt sie dann die Zölle auslaufen? Polysiliziumzellen werden in der EU eh so gut wie gar nicht mehr gefertigt. Dennoch werden auf Polysiliziumzellen weiterhin Zölle bzw. Mindestpreise erhoben. Welche dann wie auch der Glaszoll die Module „Made in EU“ um mehrere Cent/Wp unnötig verteuern. Womit die EU-Modulhersteller weder in der EU noch auf dem Weltmarkt nur schwer mithalten können.
Will man eine Industrie Wafer- Zelle- Module in der EU wiederaufbauen, so sind nicht Zölle, sondern eine klare Linie für den Umbau des europäischen Energiemarktes notwendig. So wie in China gerade vor wenigen Tagen auch weiterhin grünes Licht für einen jährlichen Binnensolarmarkt von 50 GWp + X gegeben wurde, müssen solche Ziele anstelle der sehr wechselhaften EU-Märkte treten. Und es muss verstanden werden, dass Solarindustrie nicht „Opelkäufer in spé oder Maserati- Fahrer“ á la Frank Asbeck und Solarworld bedeutet, sondern Zukunftsindustrie, die auch in diesen Bereichen der Wertschöpfungsketten mehr als eine zweite Chance verdient hat. Ansätze gibt es mehr als genug, in der Forschung ist die EU dort und an anderen Stellen weiterhin Weltklasse. Aber wie auch in den Batterietechniken wartet niemand auch ein zaudernde EU – hoffen wir dies rüberzubringen.
Abseits des Zoll-Irrsinns hat die EU vor kurzem mit der Weiterentwicklung ihres Winterpakets neue Richtlinien für die Energiewelt in der EU begonnen. Es sieht so aus, als ob u.a. das Recht auf Eigenerzeugung und der Einspeisevorrang für Erneuerbare Energien EU-weit festgelegt werden sollen, ebenso das Verbot rückwirkender Förderänderungen. Ich bin gespannt, ob dies neue Impulse bringt und wie die neuen Energieregeln/Ziel dann in 2018 verhandelt werden. Und natürlich, wie sich das dann in nationale Ziele umbauen lässt.
Sehen wir noch einmal auf das globale Solarjahr 2017: mit Rekorden bei Ausschreibungen in Saudi-Arabien, Chile und vor allem Mexiko zeigt die Photovoltaik, dass sie schon jetzt die billigste Energieform auf dem Planeten ist.Mit umgerechnet ca. 1,5 EU Cent/kWh starten die Preise für Solarstrom nach Umsetzung der Projekte. Und ich möchte wetten, dass wir noch Potenzial für weitere 50% Kostensenkungen haben. Plus einer schier unerschöpflichen Bandbreite von Weiterentwicklungen – Solarenergie ist wirklich eine ganz besondere Energieform.
Und wie geht 2018 bei uns weiter?
Bei den Veranstaltungen der „Neuen Energiewelt“ fangen wir das Jahr 2018 am 02.02.2018 gemeinsam mit BTC-ECHO mit dem Investorentag Kryptowährungen
Für den 5. Qualitätstag mit der DKB Bank in Berlin möchte ich jetzt schon Klartext ankündigen:
Und schon jetzt der Hinweis:
Zwar wie immer erst im November, aber auch weiterhin mit mehr als 650 Teilnehmern die führende Konferenz der innovativen Energiewirtschaft in Berlin: Das Forum Neue Energiewelt
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