EEG Novelle: Alle heulen
Falls Sie sich jetzt über diese Überschrift wundern sollten:
Ja, ich habe keine Lust mehr auf die kollektive Heulerei, die von allen (z.T. verfeindeten) Seiten reflexartig mit dem Abschluss der EEG-Novelle 2016 eingesetzt hat.
Und ja, auch mir geht die Energiewende weiterhin viel zu langsam und zu unkoordiniert. Zu meckern hab ich auch vieles, aber ich habe mich entschieden dies heute nicht zu thematisieren.
Denn die ganzen Probleme sind nicht allein der Bundesregierung in die Schuhe zu schieben, solange die Energiewendedebatte auf beiden Seiten des Schützengrabens zwischen ‚neuer‘ und ‚alter‘ Welt von einer bizarren Kakophonie beherrscht wird.
Auf der einen Seite stehen die Bremser der Energiewende, sei es aus Perspektivlosigkeit oder auch schlichtem Gegnertum oder was auch immer, auf der anderen die Beschleuniger der Energiewende, die sich aber auf sicherlich zehntausende von Stimmen und eine unüberschaubaren Anzahl von Interessengruppen aufteilen. Der Schützengraben läuft also schon lange quer durch Unternehmen, Verbände und auch die Politik natürlich.
Die Bremser kommen aus verschiedenen Lagern
Schon lange ist dabei ein klassisches Unternehmen nicht mehr per se der Bremser und die Unternehmen der Erneuerbaren Energien die Helden des Aufbruchs.
Nein, Strukturkonservative und Veränderungsverweigerer sind munter verteilt und so steht die Politik, nüchtern betrachtet, einem vollkommen diffusen Bild gegenüber. Verantwortliche Berliner Politiker und Beamte, die das Projekt Energiewende umsetzen wollen, sprechen von der bisher komplexesten EEG- Novelle und sind z.T. verwundert, dass man überhaupt etwas in der vorgegebenen Zeit hinbekommen hat. „Überhaupt hinbekommen“ ist auf Dauer aber viel zu wenig, um die massiv wachsenden Herausforderungen des Systemumbaus zu begleiten. Und dabei reden wir hier gerade einmal von einem Segment des Stromsektors – Wärme und Mobilität gehören schließlich auch zur Energiewende. Bleiben wir zur Vereinfachung im Stromsektor.
Und da Politik die Aufgabe hat, eben diverse Interessen auszugleichen oder im Falle der Energiewirtschaft dazu beizutragen, dass wir an 365 Tagen 24 Stunden Strom und andere Energie haben, sind die Aktionen entsprechend sprunghaft oder wie auch immer man das bezeichnen mag.
Denn es gibt keinen Verband oder andere Interessensgruppe, die einmal abgesehen vom politischen Pulverdampf, eine klare Strategie und die notwendige Umsetzungskraft über die gesamte Breite des Systems liefert.
Die gesamte Breite des Systems steht auf dem Prüfstand
Die gesamte Breite bedeutet dabei eben viel viel mehr als eine erneuerbare Erzeugung – wo auch immer, wie auch immer, Hauptsache schnell viel mehr. Die gesamte Breite bedeutet umgekehrt schon gar nicht, dass man krampfhaft versucht, die politisch seit 2011 nicht mehr gewollten Erzeugungskapazitäten in der Kohle am Leben zu erhalten – ebenfalls ohne jede Strategie oder Ideen, was man denn z.B. an den Standorten nach der Abschaltung machen will oder kann.
Zur gesamten Breite gehören integrative Ansätze für neue Marktmodelle inklusive einer echten Direktvermarktbarkeit von „grünem Strom“ ebenso wie gut gemachte Regeln für den Netzumbau. Ja, Netzumbau muss das heißen, denn wir werden neben Digitalisierung und Speichereinsatz auch einen Netzrückbau erleben, wenn wir keine Nachnutzung der Braun-& Steinkohle- sowie Atomkraftwerkstandorte finden. Diese Liste lässt sich beliebig fortsetzen und zeigt eindrucksvoll, dass die Zeiten der „allumfassenden Selbstoptimierung“ schnell zu Ende gebracht werden. Denn sonst wird das Projekt Energiewende massiv ausgebremst und es besteht eine zunehmende Gefahr für das Projekt an sich.
Im System denken
Deshalb möchte ich alle Beteiligten, die die Energiewende wollen – und zwar ohne Wenn und Aber – bitten, sich außerhalb der überholten Trampelpfade mit guten Kolleginnen und Kollegen zusammen zu setzen und neue Ideen auch direkt zu übermitteln – aber bitte im System gedacht!
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